Mittwoch, 9. Januar 2008

Danke für ein wenig Zuspruch!

Ich versuche dann wieder da einzusteigen, wo ich aufgehört habe. Die tägliche Aufzählung muss ich leider aufgeben und mich lieber auf eine Zusammenfassung nach kurzer Zeit beschränken. Ich habe keine Fotos anzubieten, weil das Interessanteste für mich die Menschen hier sind und ich mich nur ungern vor sie stelle, sie dann abfotografiere. Und die Kollegen in der Firma sind nicht so interessant zu fotografieren wie etwa die Menschen auf der Straße, die Kinder, die mir zurufen und zuwinken, die alten Watchmen, die wenn man sie anlächelt, freundlich, wegen der unerwarteten Begrüßung, den Kopf wackeln und zum Gruße die Hand an die Stirn heben. Schön ist die Geste der Rikshaw-Fahrer, die zwar deutlich zu den hartgesottenen gehören (müssen), aber trotz des Chaos auf den Straßen das verdiente Geld mit beiden Händen umfassen und an die Stirn halten, so dass man kein Tamil verstehen muss, um zu erkennen, dass diese Geste Respekt und einen gewissen Dank zugleich ausdrückt. Schön ist es, dass ich heute morgen einen fröhlichen Fahrer erwischt habe, der einen Freund oder Bekannten in einer Rikshaw neben uns traf und beide bei Tempo 30 sich zuriefen und zulachten, weil diese frei heraus offene Art soviel zeigt, was wir leider vergessen zu haben scheinen. Ich wartete heute in einer Mittagspause auf Stef und Prayathna vor einem Supermarkt, der zugleich auch eine Apotheke ist und am Obst- und Gemüseabteil, das beinah auf der Straße liegt, sitzt ein etwa 12jähriges Mädchen und grinst mich an. Ich wunder mich über ihr offenes Grinsen, lächle ein wenig zurück und nach ein paar Minuten steht hinter dem Schalter neben ihr ein etwa gleichaltriges Mädchen auf, grinst genauso über beide Ohren. Beide Mädchen mit dicken schwarzen Haaren, ordentlich zu Zöpfen geflochten, ihre Haut beinahe schwarz, aber uns sehr ähnliche Gesichtszüge, fast wirken sie ein wenig feiner, warum vermag ich nur zu mutmaßen und würde mich auf mehr Lebensfreude, gesünderes Essen, weniger Fernsehen und Medien und all das andere schlechte gesellschaftliche berufen. Sicherlich auch mehr Bewegung. Jedenfalls steht das eine der beiden Mädchen auf, kommt auf mich zu, geht um mich herum, das andere ruft ihr etwas zu, sie antwortet etwas ähnlich Unverständliches, beide lachen, sie läuft noch einmal um mich herum, eine Mama aus dem Laden grinst nun auch an. Zweic Männer, die auch in dem Laden arbeiten und gerade versuchen ein Plakat anzubringen grinsen sich breit an und lächeln mir höflich zu. Sicherlich geschehen diese Situationen nur Weißen hier und vielleicht auch nur denjenigen Weißen, die auch mal Fremde anlächeln und „zutraulich“ sind oder zumindest so erscheinen. Mir bedeuten diese Situationen etwas, nicht nur, dass man Beachtung findet, sondern vielleicht auch, weil man überhaupt und dann sogar freundlichen und interessanten menschlichen Kontakt hat, jedesmal auf eine neue unbekannte Art, jedesmal aber wesentlich weniger gekünstelt, nicht aufgesetzt, eben natürlich. Wer einmal indische Filme gesehen hat, die ganz sicher viel zu kitschig sind, der hat vielleicht bemerkt, dass das einzig wirklich gute die Gesichtsausdrücke sind, weil sie gerade nicht so professionell sind, wie wir es sonst aus Filmen gewohnt sind.

In der Ausländerbehörde sprach mich heute ein etwa 20jähriger Junge an, der aus Afghanistan kommt und in Delhi studieren möchte. Ich frage ihn nach dem Zustand und wo er genau herkomme. Kabul antwortet er und besteht darauf, dass das Leben dort sicher sei. Soldaten aus U.K. und U.S., Deutsche habe er nicht gesehen, aber durch die Soldaten sei es sehr sicher und er spricht von seinem Alltag. Auf einige Nachfragen gesteht er einige Bombenexplosion und ein wenig Terrorismus ein, aber nicht da wo er wohne. Jedenfalls wolle er nach Delhi und Politologie studieren und dann zurück nach Kabul. Seine Eltern seien wohlhabend, aber nicht reich, er arbeite als Kellner und das Studium in Delhi koste nur 500 Dollar im Jahr und das Leben in Delhi ebenfalls monatlich zwischen 100 und 200 Dollar. Warum ich das erzähle? Beachtlich, wie sich die Vorstellungen von Lebensqualität und die Ansprüche verzerren, wenn man mit so jemandem spricht. Beachtlich, dass der Junge meint, dass die Zeitungen uns nur das Negative schildern (na gut, das ist nicht sonderlich beachtlich), aber immerhin, dass ich als ich Kabul hörte, den Jungen eher für einen Flüchtling hielt, als für jemanden, der hier studieren geht und der sagt, in seinem Stadtteil sei alles sehr schön und sehr sicher. Wenn man nur die Heimat kennt, so sind Kindheit und Alttagsleben daran gebunden. Alles was ich hier vermeintlich „Seltsames“ über Indien berichte, ist eigentlich nur seltsam, weil ich es nicht kenne, nicht gewohnt bin. Ein Beispiel dafür wäre, dass es drinnen und draußen regnet, wenn es in Chennai regnet. Nicht, dass sämtliche Dächer kaputt wären, aber durch die extremen Belastungen von Hitze und Regenfluten tropft es hier und da durch. Das gleiche galt für den Bus nach Pondicherry, als es zu regnen begann und sich die linke Seite des Busses nach rechts setzen musste, um nicht nass zu werden.

Jeden Tag kommt man nach Hause und auf dem Glastisch ist weißer Dreck, also Gips oder Ähnliches, das von der Decke bröselt. Das wird auch jeden Morgen entfernt, ist aber abends wieder da. Damit beschäftigt man sich auch nicht wirklich.

Der Kühlschrank ist nicht der Neueste und muss eben jeden Monat abgetaut werden, weil das Eisfach wegen der Luftfeuchtigkeit weder auf noch zu geht. Hinzu kommt, dass man Lebensmittel zum einen wegen der nächtlichen Hitze schlecht außerhalb des Kühlschrankes aufbewahren kann, zum anderen wegen der Ameisen und Käfer, die den Braten erstaunlich schnell riechen.

Mücken sind sicherlich etwas, worunter nicht bloß Indien leidet. Wer mit dem Essen im Supermarkt nicht zurecht kommt, auch weil kein Haltbarkeits- sondern ein Herstellungsdatum auf den Waren steht, muss eben Essen gehen. Aber nicht nur ich, der schon seine ersten Magenprobleme hat, muss auf die Qualität des Restaurants achten und hoffen. Das geht den Indern genauso. Einige meiner Arbeitskollegen gehen jeden Tag in das gleiche Restaurant, nicht weil sie das Essen dort mögen oder wissen dass es sauber ist, sondern weil sie Meinung sind, dass sie sich an die Bakterien und den Dreck aus dem Restaurant gewöhnt haben.

Den Verkehr auf den Straßen habe ich zig-fach beschrieben. Hier gilt das Gesetz des Stärkeren und völlig im Gegensatz dazu und dennoch gleichzeitig eine unglaubliche Rücksichtnahme. Sicher versucht jeder sich seinen Weg zu bahnen und natürlich hat die Mofa wesentlich weniger zu lachen, als Motorrad, Rikshaw, Auto oder Bus. Dennoch winkt der verkrüppelte Junge im Rollstuhl, der genau so irre abbiegt wie alle anderen dem Busfahrere zu, um auf sich aufmerksam zu machen und der Bus wartet eine Minute lang geduldig, bis der Junge seinen Weg hinter sich hat. Auf meinem heutigen Heimweg hatte ich einen sehr besonnenen Rikshaw-Fahrer, aber irgendwann packt ja jeden Fahrer der Ehrgeiz einen bestimmten anderen Verkehrsteilnehmer hinter sich zu lassen. In seinem Fall war es ein Mädchen auf der Wespa, dass sogar mit Helm fuhr, darunter ein ewig langer herrlich geflochtener schwarzer Zopf, der Schal ihres Salvarkameez (sieht aus wie ein Sari, weite Hose, darüber ein Hemd, das so lang ist, als wär es ein Rock und dazu ein Schal oder so ähnlich – ich hab so etwas ehrlich noch nicht angehabt und daher auch noch nicht ausgezogen) also ihr Schal weht im Wind und wann immer wir zum Überholen ansetzen, beschleunigt sie wieder ein wenig. Gelegentlich muss sie wegen der Schlaglöcher auf die Fahrbahnmitte, dann müssen wir wieder abbremsen und auch den nächsten Moment warten. Schön ist es dann im Schritttempo: Madame mit bloßen dünnen Ärmchen durch einen Lehmweg, der eher einer Buckelpiste gleicht, wackelt von links nach rechts, schlingert ein wenig, aber kämpft sich wacker nach vorne, weicht allen Hindernissen aus und lässt uns nicht einmal dabei vorbei. Dann unsere Chance, weil ein alter Mann mit einem halben Fahrrad auf dem Rücken - von Beruf also Messerschleifer – auf die Straße tritt, direkt vor ihr und seines Weges trottet. Man könnte also annehmen, dass sie dem armen Mann Zeit gibt, weil es sowieso nicht vorangeht und sie ohnehin nicht sicher auf der Wespa fahren kann. Wie es sich aber nun einmal gehört, drückt Madame ohne Unterlass auf die Hupe und fährt zu allem Überfluss auch noch dicht auf.

Worauf wollte der Autor hinaus? Alles einfach eine Frage der Umstände. Ansgar kommt eben heim und zeigt mir, was ihm die Inder anhand seines Feuerzeugbenzins bei der Arbeit beigebracht haben, nämlich ein Herz aus Benzin auf den Boden malen und anzünden. Sieht echt nett aus. Zur Nachahmung empfohlen.

Nun müssen wir aber dringend in die Residency Towers auf ein Bierchen.

Ich fass den Gedanken bei Zeiten wieder auf.

2 Kommentare:

MiamiJan hat gesagt…

was geeeeeeeeeht, diggggaaaa ???? lass ma schnacken !!!

MiamiJan hat gesagt…

Neid Pur :(