Samstag, 2. Februar 2008

1. Monat

Gar nicht so leicht, Euch auf dem Laufenden zu halten. Schön, dass ich beginne, auf Englisch zu zählen, schade, dass mein Bruder am Telefon zu lachen beginnt, wegen meines vermeintlichen indischen Akzents im Englischen. Nur beispielshaft sei gesagt, dass die Sätze “tahli, you have?“ oder „mahalingapuram, you know?“ vollkommen alltäglich geworden sind. Ebenso ist es mit den Umgangsformen: als sich heute eine Arbeitskollegin von einer toten Ameise im Kaffee gestört fühlte, unser tägliches Kaffee-Kontingent allerdings durch Wertmarken wie noch in der Grundschule begrenzt ist, erbarmte ich mich, den Versuch zu wagen, einen neuen Kaffee ohne Wertmarke zu bekommen. Das geht so: (freundlich) „Hi“. Dann aber bestimmend: „You see, ant. Ant. You give me new coffee. Coffee, give me. Thank you”. Das mag einem Ausländer jetzt unfreundlich vorkommen, aber die Umgangsformen sind hier ein wenig anders. Wenn es Parin zum Beispiel im Café zu warm wurde, kam ihm nur das Wort „fan“ (Ventilator) über die Lippen und anschließend für mich die Erklärung, dass in Indien dieser ganze Danke- und Bitte-Kram nicht stattfinde. Das war nicht einmal eine Ausrede und so werden die glatten Amerikaner mit ihren fürchterlichen „I`d appreciate it“ hier äußerst skeptisch wahrgenommen. Meine Theorie lautet bisher ohnehin, dass ich mich mit einzelnen Wörtern auf der Straße zu verständigen versuche. Sollte in Ausnahmefällen jemand ganze Sätze verstehen, gehe ich dann zu „Mahalingapuram, which direction?“ über. Sätze wie „Good evening Sir, would you be so kind and explain me the way to Mahalingapuram“ irritieren wesentlich mehr, als dass sie helfen. Immer häufiger verwundert es mich, wenn Menschen schwärmen, dass man mit der englischen Sprache hier so herrlich voran käme. In Mumbai sicherlich ein wenig mehr als in Chennai. Das schadet ja auch nicht sonderlich, da sich die Kommunikation auf der Straße sowieso auf Orte und Essen beschränkt. Schön ist es ohnehin, an den Alltagsgesprächen der Passanten nicht teilhaben zu müssen, und es macht auf der anderen Seite jede Unterhaltung auf eine gewisse Art interessant. Zu den kulturellen Unterschieden noch das Folgende: wenn ich nach Feierabend in der Dunkelheit (die allerdings schon gegen halb sechs eintritt) das Büro verlasse, mich in eine Rikshah setz und für ein paar Kilometer Heimweg eine knappe Dreiviertelstunde durch die lebendigen, bunten, aufregenden Straßen brauche, dann erwarten mich nicht selten mein Mitbewohner (nicht Ansgar, hier gibts noch ein paar mehr Deutsche in der WG) mit seiner indischen Freundin auf dem Sofa. Die kulturellen Unterschiede zeigen sich dann darin, dass er durch die Gegend geschickt wird, um ihr Wasser holen oder Essen zu besorgen. Oder ihm wird aufgegeben, nicht zu rauchen, sondern bei ihm sitzen zu bleiben. Sie steht auch gerne einmal auf und wechselt dann ohne vorher zu fragen, den Fernsehsender. Das Ganze ohne Danke und Bitte. Die Wärme und Herzlichkeit zeigt sie ganz anders. Sie ruft dann an, bevor sie ihr Haus verlässt und bespricht mit ihm, was sie zu Essen mitbringt. Dann kommt sie hier an, befiehlt, dass ihr Teller und Gläser zu bringen sind und dann verteilt sie vollkommen ungleich, nämlich zu seinen Gunsten, das Essen auf dem Teller. Während ich mich mit einer halben Portion Chicken fried rice mit ebenso vielen grünen Chillies herumschlage, bekommt er zu seinem Teller voll Reis auch noch Nachschlag. „This is for you, you need to eat more“ lautet dann ihr liebevoller Befehl. Die fritierten Hühnerteile werden ebenso ungerecht mit ihrer rechten Hand zerrissen und auf unseren Tellern verteilt. Wenn er nach dem Essen darum bittet, ob sie ihm nun doch Arme, Beine, Rücken und Nacken wegen des Sonnenbrandes eincremt, tut sie das eingiebig während wir Fußball gucken, und zwar ohne Wenn und Aber. Insoweit kann man sich in Etwa vorstellen, wie unterschiedlich Gefühle und Wärme gezeigt werden. Ich denke nicht, dass es da ein Weniger oder ein Mehr an Gefühlen auszumachen ist, vielmehr muss man wohl damit umgehen lernen, dass man schon im relativ jungen Alter von seiner Alten durch die Gegend gescheucht wird. Oder einfach, dass man es ziemlich deutlich merkt. Der große Unterschied liegt darin, dass man nicht etwa höflich um einen Gefallen gebeten oder gefragt wird, sondern dass die Entscheidung, dass man etwas Bestimmtes zu tun hat, offensichtlich bereits feststand, bevor man davon erfuhr. Lustig zu betrachten ist es auf jeden Fall.

Auf dem heutigen Heimweg bot mir eine Arbeitskollegin an, mich in der Nähe meines Zuhauses abzusetzen. Ihre Eltern holten sie ab, wir setzten uns in einen kleinen Suzuki Maruti 800 mit Klimaanlage, Papa war nur schwer zu verstehen, Mama hatte etliche Fragen und bevor Papa losfahren durfte, wurde mir eine Gemüsesuppe angeboten, die ich vor lauter Irritation aber ablehnte. Also musste ich also unendlich viele Kekse und eine Orange in mich reinstopfen, bevor ich dann eine gute halbe Stunde später und knapp einen Kilometer vor meinem Zuhause entfernt in irgendeiner quicklebendigen stickigen Straße abgesetzt wurde. Der Heimweg führte dann an Baustellen inmitten des Feierabendverkehrs vorbei, neue riesige Einkaufszentren entstehen, zwei Flyover werden dort gerade gebaut, kleine Läden, die Jeans, Motoradhelme oder Gemüse verkaufen befinden sich links und rechts. Zuhause angekommen wird der Fan eigenhändig angeschaltet, ebenso der Fernseher, „the mask“ läuft gerade und gleich geht es zum Abschied von Hudson, dem Referendar aus meiner guten alten Handelskammer – den neuen Referendar darf man sich heute auch schon angucken.


Nur eine Empfehlung, den Link schickte mir grad mein Teamleiter, die Musik ist tamilisch, die Tamilen in meiner Firma lagen am Boden vor Lachen....

http://www.youtube.com/watch?v=uYwS9k1ZexY

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

vielleicht kennste die seite schon, aber der typ reist grad durch indien und erlebt schraege sachen.
ansonsten faende ich ne zusammenfassung deiner beitraege bnoch immer gut, da mir schlicht (und wahrscheinlich vielen anderen auch) einfach die zeit zum lesen solch langer artikel fehlt.
http://km42.spiegel.de/home/index.php#

gehab dich wohl, und bitte bitte kuerzere Artikel!!!!!!!!!!!!!!!!
die Maren

Anonym hat gesagt…

"Who put the goat in there?" ROFL.